Entscheidung des BAG: Inhaltskontrolle von Arbeitsvertragsänderungen

arbeitsrechtDas Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Urteil vom 15. November 2016 – Az.: 3 AZR 539/15 – entschieden, dass vom Arbeitgeber als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) formulierte Vertragsbedingungen, mit denen der Inhalt eines Arbeitsvertrages geändert wird, einer inhaltlichen Kontrolle nach dem AGB-Gesetz unterliegen. Voraussetzung ist, dass sich der Arbeitgeber in Bezug auf die veränderten Regelungen einer Rechtsposition berühmt, bevor er eine Änderung des Arbeitsvertrags vorgenommen hat. Zu diesem Ergebnis kam das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Sitz in Erfurt in einem Urteil vom 15. November 2016 – Az.: 3 AZR 539/15.

 

Dem Urteil des BAG liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger hat gegen die Bank, die in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts geführt wird und bei der er seit Oktober 2000 beschäftigt ist, Klage erhoben, aus folgenden Gründen: Die Beklagte hatte einem Teil der Arbeitnehmer, zu dem auch der Kläger gehörte, eine an der Beamtenversorgung orientierte Gesamtversorgung zugesichert. Sie gewährte Arbeitnehmern ein „Versorgungsrecht“ unter der Voraussetzung, dass sie zwanzig Jahre im Kreditgewerbe und davon zehn Jahre bei der Beklagten beschäftigt waren. Dieses „Versorgungsrecht“ führte dazu, dass sich die Versorgungsleistungen der Arbeitnehmer an die von Beamten annäherten. Das galt für die Altersversorgung ebenso wie für den Kündigungsschutz, für die Beihilfe und für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Mit dieser Änderung wurde das Arbeitsverhältnis dieser Arbeitnehmer sozialversicherungsfrei.

 

Veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen als Grund für die Arbeitsvertragsänderung

Als sich die wirtschaftliche Lage im Jahr 2009 verschlechterte, beschloss die Beklagte aufgrund der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage, die an der Beamtenversorgung orientierte Gesamtzusage zu widerrufen und in Zukunft auf die Erteilung der Versorgungsrechte zu verzichten. Sie bot stattdessen eine beitragsorientierte betriebliche Altersversorgung an. Gemeinsam mit zahlreichen anderen Arbeitnehmern unterzeichnete der Kläger im Jahr 2010 ein Formular, das von der Beklagten vorbereitet worden war. Darin erklärte er sich „einverstanden“ mit „der Einstellung der Erteilung“ des Versorgungsrechts.

 

Ohne Unterschrift kein Verlust des Anspruchs auf Gewährung des Versorgungsausgleichs

Am 15. Mai 2012 – Az.: 3 AZR 610/11 – entschied das BAG für die bei der Bank beschäftigten Arbeitnehmer, die diese Erklärung nicht unterzeichnet hatten, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch aus betrieblicher Übung auf die Gewährung des Versorgungsrechts besteht. Ein Teil der bei der Bank beschäftigten Arbeitnehmer hatte es damals abgelehnt, das vorbereitete Formular für die Änderung des Arbeitsvertrages zu unterzeichnen. Sie hatten geklagt, und die Erfurter Richter gaben ihnen Recht und urteilten, dass diese Arbeitnehmer auch weiterhin einen Anspruch aus betrieblicher Übung auf Gewährung des Versorgungsrechts haben. Der Arbeitgeber habe dies jahrelang gewährt und sei auch weiterhin darin gebunden lautete die Begründung des höchsten Arbeitsgerichts.

 

Die Klage vor dem BAG blieb erfolglos

Der Klage hat Klage erhoben mit dem Ziel festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm bei Vorliegen der Voraussetzungen das Versorgungsrecht und eine an die Beamtenversorgung orientierte Gesamtversorgung zu gewähren. Die Klage des Arbeitnehmers hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Mit dieser Entscheidung folgte der Dritte Senat des BAG den Entscheidungen der Vorinstanzen, zuletzt dem Landesarbeitsgericht München mit seiner Entscheidung vom 6. August 2015 – Az.: 3 Sa 254/15.

Zur Begründung führte das Gericht an, dass der Kläger mit seiner Unterschrift unter die Erklärung aus dem Jahr 2010 das Angebot der Beklagten über eine beitragsorientierte betriebliche Altersversorgung angenommen hat. Die geschah unter Verzicht auf den Anspruch auf Erteilung des Versorgungsrechts. Damit kam eine Einigung und Vereinbarung über die Änderung des Arbeitsvertrages zustande. Denn der Inhalt der Vereinbarung war dem Kläger nicht unklar, und sie kam auch nicht überraschend. Die Vertragsänderung auf der Grundlage von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unterliegt der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht. Maßstab für die Prüfung ist das in § 779 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gesetzlich normierte Rechtsprinzip, das eine Beilegung des Streits durch gegenseitiges Nachgeben vorsieht. Die Inhaltskontrolle ging im vorliegenden Fall zugunsten der Bank als Beklagter aus. Die Vertragsänderung hält der rechtlichen Überprüfung standhält, da sie transparent, nicht überraschend und auch nicht unangemessen war.