
Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt am 3. Juni 2025 über die Frage, ob Banken bei der Erhöhung von Kontoführungsgebühren auf das Schweigen ihrer Kunden vertrauen dürfen. Im Zentrum steht eine Musterfeststellungsklage eines Verbraucherschutzverbandes gegen eine Sparkasse. Das Verfahren könnte für Millionen Bankkunden rückwirkende Rückzahlungsansprüche auslösen.
Hintergrund ist eine Entgeltänderung im Jahr 2016, bei der die betroffene Sparkasse ihre Kunden schriftlich über neue Gebühren informierte. Dabei berief sie sich auf eine Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), nach der Gebührenerhöhungen als akzeptiert galten, sofern die Kunden innerhalb von zwei Monaten nicht widersprachen. Diese Regelung hatte der BGH bereits im April 2021 für unzulässig erklärt.
Rechtsstreit um Rückzahlung bereits vereinnahmter Entgelte
Trotz der Entscheidung aus dem Jahr 2021 lehnt die Sparkasse eine Rückzahlung der auf Grundlage der Klausel erhobenen Entgelte ab. Zur Begründung führt sie an, Kunden hätten durch die weitere Nutzung des Girokontos sowie durch die widerspruchslose Zahlung der Entgelte konkludent zugestimmt. Der klagende Verbraucherschutzverband bestreitet diese Auffassung und fordert die Rückzahlung der Gebühren. Er argumentiert, dass keine rechtswirksame Zustimmung vorliege.
Zudem wird vor dem BGH darüber gestritten, ab wann etwaige Rückzahlungsansprüche der Kunden verjähren. Der Verbraucherschutzverband fordert, dass die Verjährung erst ab dem Zeitpunkt beginnt, zu dem Kunden Kenntnis von der Unwirksamkeit der AGB-Klausel erlangten oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen können. Entscheidend könnte dabei das Jahr 2021 sein, in dem der BGH seine Entscheidung zur Unzulässigkeit der Zustimmungsfiktionen veröffentlichte.
Entscheidung des Kammergerichts teilweise bestätigt
Das Kammergericht hatte zuvor bereits in wesentlichen Punkten zugunsten des klagenden Verbandes entschieden. Es stellte unter anderem fest, dass die AGB-Klausel zur Gebührenerhöhung unwirksam sei und eine konkludente Zustimmung durch Schweigen nicht vorliege. In anderen Punkten wurde die Klage jedoch abgewiesen. Beide Seiten legten daraufhin Revision ein.
Die beklagte Sparkasse verfolgt mit einer sogenannten Hilfswiderklage das Ziel, feststellen zu lassen, dass die von ihr erbrachten Leistungen dem erhobenen Entgelt wertmäßig entsprachen. Sie macht geltend, ihr sei aus der Gebührenanpassung kein wirtschaftlicher Vorteil entstanden.
Grundsatzfrage zur Vertragsauslegung im Fokus
Das Verfahren vor dem XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gilt als richtungsweisend für die Auslegung von AGB im deutschen Vertragsrecht. Sollte das Gericht zugunsten der Verbraucherschützer entscheiden, müssten Banken und Sparkassen künftig auf ausdrückliche und dokumentierte Zustimmung bei Vertragsänderungen setzen. Eine Rückforderung von Entgelten durch betroffene Kunden wäre dann grundsätzlich möglich.
Das Urteil könnte auch über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Gestaltung von Kundenverträgen haben. Besonders im Fokus steht die Frage, ob bloßes Schweigen als Zustimmung gewertet werden darf oder ob eine aktive Erklärung der Einwilligung erforderlich ist.
Auswirkungen auf die gesamte Bankenbranche erwartet
Im Fall einer verbraucherfreundlichen Entscheidung rechnet die Branche mit erheblichen Rückforderungen. Der Streit betrifft nicht nur die beklagte Sparkasse, sondern könnte zahlreiche weitere Institute betreffen, die vergleichbare Klauseln verwendet haben. Die Entscheidung des BGH wird daher auch von anderen Banken und Verbraucherschutzorganisationen aufmerksam verfolgt.
Ein Urteil wird für den Sommer 2025 erwartet.