
Deutschland hat mit dem Inkrafttreten des Justizstandort-Stärkungsgesetzes am 1. April 2025 die Voraussetzungen für die Einrichtung sogenannter Commercial Courts geschaffen. Diese spezialisierten Spruchkörper an den Oberlandesgerichten sollen künftig wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten ab einem Streitwert von 500.000 Euro verhandeln – auch vollständig in englischer Sprache, sofern sich die Parteien darauf verständigen.
Ziel des Gesetzes ist es, Deutschland als Standort für internationale Rechtsstreitigkeiten wettbewerbsfähig zu machen und ausländischen Unternehmen den Zugang zur deutschen Justiz zu erleichtern. Die Bundesländer sind befugt, jeweils einen Commercial Court einzurichten. Ergänzend sollen auch Commercial Chambers an Landgerichten entstehen, die ähnliche Aufgaben übernehmen.
Gesetzliche Grundlage und Zuständigkeit
Die Grundlage für die neuen Spruchkörper bildet das Justizstandort-Stärkungsgesetz. Es baut auf dem Gerichtsverfassungsgesetz und der Zivilprozessordnung auf und ermöglicht es den Ländern, an Oberlandesgerichten spezialisierte Kammern einzurichten. Voraussetzung für die Zuständigkeit ist, dass die Parteien dies ausdrücklich vereinbaren. Die Zuständigkeit beginnt bei einem Streitwert von 500.000 Euro.
Ein zentrales Merkmal ist die Möglichkeit, Verfahren vollständig auf Englisch zu führen. Damit soll insbesondere Unternehmen mit Sitz im Ausland der Zugang zur deutschen Gerichtsbarkeit erleichtert werden. Berufungen gegen Entscheidungen der Commercial Courts sind beim Bundesgerichtshof möglich.
Ausstattung und Verfahren
Die Commercial Courts sollen mit Richterteams besetzt werden, die auf wirtschaftsrechtliche Fragestellungen spezialisiert sind. Ziel ist eine zügige und fachlich fundierte Bearbeitung der Verfahren. Die Möglichkeit, das Verfahren in englischer Sprache zu führen, soll den Aufwand für Übersetzungen verringern und die Effizienz steigern.
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Zu den Merkmalen der Commercial Courts zählen insbesondere:
- Verfahrenssprache Englisch, sofern vereinbart
- spezialisierte Richter mit Erfahrung im internationalen Wirtschaftsrecht
- schnelle Verfahrensführung durch feste Fristen für Schriftsätze und Anhörungen
- Anfechtbarkeit der Urteile vor dem Bundesgerichtshof
Schutz von Geschäftsgeheimnissen
Das Gesetz enthält Regelungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, die nicht nur für die Commercial Courts, sondern für alle wirtschaftsrechtlichen Verfahren in Deutschland gelten. Auf Antrag der Parteien können bestimmte Informationen als vertraulich eingestuft werden. Die Gerichte können daraufhin Maßnahmen anordnen, um die Verbreitung sensibler Unternehmensdaten zu verhindern.
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Damit soll insbesondere Unternehmen, die international tätig sind, eine verlässliche rechtliche Umgebung geboten werden, in der Geschäftsgeheimnisse auch im Rahmen öffentlicher Gerichtsverfahren geschützt bleiben.
Alternative zu Schiedsverfahren
Mit den Commercial Courts steht internationalen Unternehmen eine Alternative zu Schiedsverfahren zur Verfügung. Während Schiedsverfahren häufig als weniger öffentlich, aber nicht immer transparenter gelten, kombinieren die neuen Spruchkörper öffentliche Verhandlungen mit wirtschaftsnaher Prozessführung.
Deutsche Gerichtsentscheidungen – einschließlich der Commercial Courts – genießen zudem in vielen Staaten internationale Anerkennung. Dies erleichtert die Vollstreckung der Urteile im Ausland.
Commercial Chambers an Landgerichten
Neben den Commercial Courts an den Oberlandesgerichten sollen Commercial Chambers an Landgerichten eingerichtet werden. Auch hier können internationale wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten geführt werden – ebenfalls auf Englisch, sofern beantragt. Die Richter an diesen Kammern sollen über besondere Kenntnisse im internationalen Wirtschaftsrecht sowie über Erfahrungen in der Schiedsgerichtsbarkeit verfügen.
Positionierung im internationalen Wettbewerb
Mit der Einführung der Commercial Courts will Deutschland seine Position als international wettbewerbsfähiger Justizstandort ausbauen. Die spezialisierten Kammern richten sich an global tätige Unternehmen, die Wert auf rechtssichere, schnelle und vertrauliche Verfahren legen.
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Für Unternehmen können Commercial Courts sowohl bei der Vertragsgestaltung als auch im Streitfall eine Option darstellen. Ob im konkreten Fall ein staatliches Gericht oder ein Schiedsgericht geeigneter ist, bleibt eine Einzelfallentscheidung und sollte bei Gerichtsstandsvereinbarungen berücksichtigt werden.